November 2022

Die Marburger Künstlerin und Lehrbeauftragte Karin Brosa war am 5.11. mein Samstags-Gast auf unserer „Holzbank“, wo wir vor interessierten Gästen über ihre Arbeiten, aber auch über die gesellschaftliche Relevanz von Kunst sprachen.

Wir leben in einer Zeit der Krisen und Ängste, in einer Zeit, in der Anhänger*innen der Bewegung „Die letzte Generation“ auch Kunstwerke als Zielscheiben nutzen, um auf die Dringlichkeit der Klimakatastrophe hinzuweisen.

Auch die Künstlerin Karin Brosa versteht sich in gewisser Weise als Aktivistin und geht ihren eigenen Weg, indem sie gesellschaftspolitische Debatten und überkommene Traditionen in Bildmotive verwandelt, wenn z.B. junge Menschen im Grünen mit Schmetterlingsnetzen Drohnen jagen, wenn die bigotte Marienverehrung in den Fokus gerückt wird oder wenn uns das „Heilsversprechen“ der VR-Brillen in einer ernüchternden Realität ankommen lässt.

"Drohnenfänger" von Karin Brosa

„Glaube und technischer Fortschritt“ sind die zwei Kernbereiche in der Kunst von Brosa, beide Themen polarisieren und spalten. Denn beide Themen drohen regelmäßig zu „kippen“. Die Angst vor einem atomaren GAU bleibt genauso bestehen wie die Angst vor sexuellem Missbrauch hinter Kirchentüren. Wem können und wollen wir trauen, in welcher Welt wollen und können wir leben, welche Einschränkungen lehnen wir ab, welche sehen wir ein, wer und was sind unsere Vorbilder, wie engagieren wir uns für unsere Mitmenschen, sind wir mehr Opfer oder Täter oder Mitläufer?

Fragen wie diese stecken hinter der Kunst von Karin Brosa, aber wer jetzt meint, wir hätten es mit dystopischen Welten zu tun, der irrt. Denn die Künstlerin selbst bezeichnet sich als Realistin. Brosa ist eine Frau, die genau schaut, die recherchiert, die liest und die - trotz der Düsterkeit vieler Themen – auch Kitsch, Kommerz und Alltagsbanalitäten in ihre Bilder holt, weswegen uns ihre Kunstwerke oft zum Schmunzeln oder gar zum Träumen verleiten.

Denn Traum, Märchen, Mythologie sind weitere Quellen, auf welche die Künstlerin zurückgreift. Wenn wir uns also manchmal im „Nonsens“-Land angekommen fühlen, in dem alla „Gaga“ sind, so ist das vielleicht eine neue Form des alten Dada-Gedankens, den die Marburger Künstlerin aufgreift.

Könnte es nicht ein erster Schritt in die richtige Richtung sein, wenn wir die Kunst ernster nähmen als unsere Tagesmedien? Nichts ist unmöglich, schrieb sich vor Jahren die Automarke Toyota auf ihre Werbefahnen, und ja, nichts sollte unmöglich sein, meint auch Karin Brosa, die mit Bildern gegen gesellschaftliche und politische Tabus opponiert und für die uneingeschränkte Freiheit der Kunst einsteht.

Sie wollte immer freie Künstlerin sein, sagte Karin Brosa im Gespräch, nicht mehr und nicht weniger. Wenn sich eine studierte und berufserfahrende Apothekerin zu diesem Weg entschließt, so fällt es schwer, ihr nicht zu glauben.

Dass Karin Brosas Werke dank einer regen republikweiten Ausstellungstätigkeit der Künstlerin viel zu sehen sind, ist schön und macht Mut, ebenso wie die Tatsache, dass alle, die mit Brosas Kunst als kleine oder große Sammler*innen leben, ein „weiter so“. skandieren.

Hierfür gibt’s ein solidarisches und dickes DANKE.

> Zum Künstlerprofil von Karin Brosa